Histologie der Harnorgane
Dr. R. Kötter, Zentrum für Anatomie und Hirnforschung,
Uni Düsseldorf
Letzter Stand: 10.06.96
Kennzeichen
Urothel: Übergangsepithel der ableitenden Harnwege. Ähnlichkeit
mit mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel, aber große
Deckzellen:
- sind je nach Dehnungszustand platt bis hochprismatisch (das
Gesamtepithel kann bei starker Dehnung nicht mehr als 1-3 Schichten
aufweisen)
- besitzen eine Crusta = Verdichtung des Cytoplasmas an der
freien Oberfläche
- sind oft zwei- oder mehrkernig
- sind durch Schlußleisten verbunden
Niere
Aufbau (Präp. 34b: Rhesusaffe, HE, Längsschnitt)
Kapsel:
Capsula fibrosa aus dichtem kollagenem BGW (im Präp. mit
glatten Muskelzellen!)
Mark:
- Nierenpyramide, deren Spitze (Papilla renalis) (im
Präp. etwa längs geschnitten) in das Nierenbecken ragt.
Enthält die Ductus papillares (= Vereinigung mehrerer
Sammelrohre)
- von der Basis der Pyramide ziehen Markstrahlen (Pars radiata)
rindenwärts, enthalten Sammelrohre und gestreckte Tubulusabschnitte
- Lobus renalis = Einheit aus einer Nierenpyramide plus
der dazugehörigen Rinde (= alle Nephrone, die den Harn über
diese Pyramide ableiten)
Rinde:
- Rindenlabyrinth: liegt zwischen den Markstrahlen, enthält
die Glomeruli und gewundene Teile des Tubulussystems
- Columnae renales: Rindengewebe zwischen zwei Markpyramiden
(im vorliegenden Präparat sind Rinde und Mark unterscheidbar,
jedoch keine Columnae renales)
Nephron
Nephron = Glomerulus + Bowmansche Kapsel + Tubulussystem (ohne
Sammelrohre!)
Glomerulus (im Präp. lassen sich die verschiedenen Zelltypen
des Glomerulus kaum differenzieren):
Durchmesser: 150-250 µm
- Vas afferens verzweigt sich zu einem Kapillarknäuel aus
bis zu 30 Schlingen, die sich dann zum Vas efferens vereinigen
(arterielles Wundernetz)
- Autoregulation des Kapillardrucks durch die glatte Muskulatur
der Vasa afferentia /efferentia
- Endothelzellen:
- dünnes, gefenstertes Endothel
- Poren (bis 90 nm) lassen größere Moleküle
passieren, nicht aber zelluläre Bestandteile des Blutes
- Basalmembran:
- unterbindet den Durchtritt von Molekülen mit einem MG
> 400.000
- Lamina densa wirkt als mechanischer Filter, Laminae rarae
(negativ geladen) durch elektrostatische Abstoßungskräfte
- Podozyten:
- stark verzweigte, fortsatzreiche Zellen, die die Außenseite
der Glomeruluskapillaren bedecken und die überwiegende Zahl
der Kerne im Glomerulus stellen
- Fortsätze verzahnen sich untereinander und liegen direkt
der Basalmembran auf ("Podozytenfüßchen")
- zwischen den Fortsätzen liegen Filtrationsschlitze mit
einem Durchmesser von 5 nm, die von einer sehr dünnen Schlitzmembran
(4 nm) und einer negativ geladenen Glykokalix überdeckt sind
- lassen nur Moleküle mit einem MG < 70.000 passieren
- Mesangiumzellen:
- sind sternförmig, oft mit eingekerbtem Kern
- liegen zwischen den Kapillaren
- sind phagozytosefähig
Harnfilter
- fenestriertes Endothel (90 nm)
- Basalmembran (MG < 400.000)
- Podozytenschlitzmembran (MG < 70.000)
Bowmansche Kapsel:
- parietales Blatt: niedriges, einschichtiges Plattenepithel
- viszerales Blatt: Podozyten (s.o.) (der Spalt dazwischen ist
in Präp. 34 artifiziell erweitert)
- wird nach außen begrenzt durch eine Basalmembran und
ein retikuläres Fasergespinst, das auch die Tubuli umwickelt
(siehe spezielles Präparat mit Versilberung)
Tubulus proximalis / Hauptstück
- Pars convoluta
- kubisch bis hochprismatisch, undeutliche Zellgrenzen (in 34b
gut erkennbar)
- hoher apikaler Bürstensaum mit PAS-positiver Glykokalix
(in speziellem Präparat mit PAS-Färbung gut erkennbar)
- PAS-positive Basalmembran (auch beim Tubulus distalis!)
- basale Streifung durch viele Mitochondrien (hoher Energiebedarf
der Na+K+-ATPase, vergl. Belegzellen des Magens) => stark eosinophiles
Zytoplasma im Vergleich zu zum Tubulus distalis
- viele basolaterale, verzahnte Fortsätze => basales
Labyrinth
- wasser- und ionendurchlässige tight junctions zum Tubuluslumen
- Pars recta
- absteigender Teil der Henle-Schleife
- niedrigere Zellen, weniger basolaterale Fortsätze, andere
Organellenzusammensetzung
- ansonsten ähnlich wie Pars convoluta
Tubulus intermedius / Überleitungsstück / dünner
Teil der Henle-Schleife (Präp. 42 Hund, Goldner bzw. HE)
- flaches, organellenarmes Epithel ohne Bürstensaum
- Kerne wölben sich ins Lumen vor
- DD gegenüber Kapillaren: größeres Lumen, dickeres
Zytoplasma, Fehlen von Blutzellen (im Präparat 42 HE gut
unterscheidbar)
Tubulus distalis / Mittelstück (Unterschied zu Tubulus
proximalis ist in Präp. 34a an einigen Stellen sehr deutlich
erkennbar)
- Pars recta:
- aufsteigender Teil der Henle-Schleife
- kubisches Epithel ohne Bürstensaum
- deutlichere Zellgrenzen und weiteres Lumen als im proximalen
Tubulus
- ein Querschnitt weist in der Regel mehr Zellkerne auf als
im proximalen Tubulus (da die Mittelstückszellen kleiner
sind) (im Präp. 34 gut erkennbar)
- ebenfalls basale Streifung durch viele Mitochondrien (hoher
Na+/Cl-Auswärtstransport), aber schwächer eosinophil
als proximaler Tubulus
- wasserundurchlässige tight junctions (dadurch muß
aufgrund des aktiven Na+/Cl-Auswärtstransports Wasser aus
der Pars recta des proximalen Tubulus zum osmotischen Ausgleich
ins Mark strömen => wird von den Vasa recta aufgenommen)
- Pars convoluta:
- etwas höher als die Zellen der Pars recta, sonst aber
ähnlich
Sammelrohr (Präp. 42 Hund, Goldner bzw. HE, enthält
außerdem alle 3 Tubulustypen; in Präp. 34 mit typischem
hochprismatischem Epithel: DD andere Tubulustypen)
- gehören entwicklungsgeschichtlich nicht zum Nephron
- einschichtiges, hochprismatisches Epithel (in Präp. 42
allerdings kubisch)
- dunkle Zellkerne und helles Zytoplasma
- Durchmesser 40 m (kleine Sammelrohre) bis 200 m (Ductus papillares)
- an den Papillae renales geht das hochprismatische Epithel
in das Übergangsepithel der Nierenpapillen über (im
Präp. unterscheidet sich das Epithel der Papillen durch seinen
Dehnungszustand (nur 2 Schichten) deutlich vom gegenüberliegenden
Urothel)
Gefäße
A. renalis
=> Aa. segmenti
=> Aa. interlobares (steigen in den Columnae renales rindenwärts
auf)
=> Aa. arcuatae (verlaufen an der Mark-Rinden-Grenze parallel
zur Nierenoberfläche)
=> Aa. corticales radiatae / Aa. interlobulares (gehen rechtwinklig
aus den Aa. arcuatae hervor, ziehen in die Rinde)
=> Arteriolae afferentes
=> Rete capillare glomerulae
=> Arteriolae efferentes
=> Vasa recta (ziehen ins Rindenmark, bilden dort Gegenstromsystem
mit der Henle-Schleife, transportieren rückresorbiertes Wasser
ab)
=> Kapillaren ins Mark (zur Ernährung der Tubuli, transportieren
ebenfalls rückresorbiertes Wasser ab)
=> Vv. corticales radiatae / Vv. interlobulares => Vv. arcuatae
=> Vv. interlobares => V. renalis
Mark erhält nur ca. 10% des Blutvolumens
Juxtaglomerulärer Apparat
- wird gebildet von Macula densa und Polkissen
- wird von sympathischen Nerven innerviert, die offenbar die
Renin-Ausschüttung steigern
- Macula densa:
- schmale Zellplatte in der Wand des Tubulus distalis, berührt
den Gefäßpol des Glomerulus
- Zellen sind meist dunkler als umgebendes Epithel des distalen
Tubulus (in vielen Fällen lassen sich die dem Glomerulus
zugewandten Zellen gut differenzieren)
- berühren - nur durch eine Basalmembran getrennt - extraglomeruläre
Mesangiumzellen (Goormaghtighsche Zellen) und granulierte, epitheloide
Zellen des Polkissens
- kann die epitheloi